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Ägypten

Motorradtrip zur Geisterstadt

Für heute war endlich mal wieder ein wenig Action geplant. Es sollte mit einem Guide und ein paar Enduros nach Ghost City City in die Wüste gehen. Unser Treffpunkt war das Fort Arabesque Resort welches ungefähr 35 Kilometer von unserer Unterkunft liegt. Nach der Taxifahrt dorthin genossen wir dort ein wenig das Geschehen und das Ambiente, bevor es Zeit zum Aufbruch zu unserem eigentlichen Treffpunkt war.

Nun war es an der Zeit zum Meetingpoint aufzubrechen. Dieser befand sich nochmals 10 Kilometer entfernt an einer kleinen Tankstelle mit ein paar Garagen, in denen auch unsere Motorräder untergebracht waren. Als wir dort ankamen, wurden diese gerade auf einen Trailer verladen,

den unser Startpunkt für die Tour, das Ghost City Camp lag nochmals über 50 Kilometer entfernt und diese Strecke war nicht wirklich interessant genug um sie bei dieser Hitze mit dem Motorrad in voller Montur zu bewältigen. Rund 40 Kilometer gingen über die „Autobahn“, welche weder irgendein sehenswertes Highlight noch in besonderem Zustand war, bevor wir die letzten 10 Kilometer über ein Piste durch den Wüstensand zum Camp gelangten.
Auch auf dieser Piste durch die Wüste fiel mir dann mal wieder auf, wie viel Müll hier überall rumliegt. Die Aussage welche ich gehört hatte, von wegen der Wind würde den ganzen Müll in die Wüste blasen kann nur zum kleinen Teil stimmen, da ich etliche Scherbenhaufen von leeren Flaschen und Bauschutt an allen möglichen Stellen sah. Mit ein Grund warum ich glaube ich mit Ägypten einfach nicht warm werde. Überall liegt der Müll herum. Ich bin ja auch aus Asien einiges gewohnt, aber das hier übertrifft es leider bei Weitem.

Im Ghost City Camp dann angekommen, hieß es dann die Bikes abladen und unsere Ausrüstung anziehen. Das Camp selbst ist eine Art kleine Oase, von welcher aus die ganzen organisierten Touren in die Geisterstadt losgehen. Man sieht das man hier auch für größer Gruppen vorbereitet ist.

Wir Touristen wurden in eine kompletter Montur, d.h. Stiefel, Knieschutz, Ellenbogenschutz, Brustpanzer, Handschuhe und Helm „verfrachtet“, während unsere zwei Guides auf einem Motorrad und in Shorts, T-shirt und Badelatschen vor uns her fuhren.

Doch wenn wir uns nun nach Ghost City begeben, was ist eigentlich die Definition einer Geisterstadt ?
Laut Wikipedia lautet die Definition folgendermaßen:
„Geisterstädte sind häufig Bergbauorte, die wegen der in der Nähe liegenden Rohstoffvorkommen gegründet wurden. Aufgrund ihrer Monostruktur wurden sie von ihren Bewohnern häufig rasch wieder verlassen, nachdem die Vorkommen – etwa an Gold oder Diamanten – erschöpft waren und der Boom vorbei war, oder es wie hier zu einer Naturkatastrophe kam.“

In der Stadt machten wir dann an verschiedenen Stellen einen kleinen Halt, wo wir uns dann in Ruhe ein wenig die Überreste der ehemaligen „Phosphatstadt“ anschauen konnten. Der erste Halt war mitten in der Siedlung selbst und so konnte ich einen kleinen Spaziergang durch die verwinkelten Gassen und die Überreste der Behausungen machen.

Hier einmal ein wenig Hintergrundinfos zu dieser Ghost City:

Die Ghost City liegt in einem Bergkessel der zum Wadi Gasus gehört, ca. 26 km Landeinwärts von Safaga am Roten Meer entfernt. Zusammenhängend mit der Kolonisation Ägyptens durch Großbritannien (v. 1882 – 1922) – begannen diese ca. 1902 in der Region nach Bodenschätzen zu graben und stießen u. a. auf riesige Mengen von Phosphat.
Um dieses abzubauen, zu Verschiffen und für ihre Zwecke zu nutzen wurde 1910 eine rund 28 km lange Eisenbahnverbindung zum Port Safaga fertiggestellt. Die kl. Bahn wurde aber nicht nur zum Phosphattransport zum Hafen in Safaga genutzt, auf ihrem Rückweg beförderte sie: Baustoffe, Werkzeuge, dringend benötigtes Wasser und alltägliche Dinge zum Leben.
Genau so wichtig wie Transportwege waren natürlich Arbeiter, die in den Minen den begehrten Stoff abbauen sollten. Diese lockte man zuerst mit dem Versprechen auf regelmäßiges Einkommen zur Versorgung ihrer Familien in die Berge. Zu Beginn der Förderung waren die Männer allein gekommen. Sie schufteten Wochenlang für ein paar Piaster und konnten nur hin und wieder für wenige Stunden zurück zu ihren Familien.
Ägypter sind durch und durch Familienmenschen und so dauerte es nicht lange, dass immer weniger von ihren „Heimaturlauben“ zu den Minen zurück kehrten. Es soll aber auch Arbeiter gegeben haben, die ihre Familien heimlich mitgebracht haben und sie in den Bergen versteckt haben. Nach Feierabend schlichen sie sich aus dem Lager zu ihren Lieben und kehrten am anderen Morgen wieder zurück.
Als der Mangel an Arbeitskräften immer schlimmer wurde mussten sich die Engländer etwas einfallen lassen. So entstand die Idee den Menschen ein Leben mit ihren Familien in der Nähe der Minen erschaffen – mit allem was dazu gehört. Um wieder Arbeiter in die Gegend zu locken, versprach man ihnen u. a. auch für medizinische Versorgung ihrer Familien zu sorgen. So wurden um 1910 für die Arbeiter einfachste Häuser, eine kl. Grundschule , Lebensmittelläden zur Versorgung, einen Marktplatz zur Komunikation, ein Krankenhaus und natürlich Gebetsmöglichkeiten gebaut und eine vollständige Infrastruktur geschaffen – incl. Wasserversorgung, Elektrizität, die aber nur zu bestimmten Stunden genutzt werden konnte und Begräbnisstäten. Selbst an ein Gefängnis wurde gedacht.
Bis 1956 befand sich alles unter britischer Kontrolle – dann kam Jamal Abdel Nasser und verstaatlichte das Ganze.
Viel Abwechslung in ihrer Freizeit hatten die Jugend von Umm el Huwaitat seinerzeit nicht. Sie spielten Fußball und veranstalteten hin und wieder kl. Wettbewerbe, oder sie gingen Nachts Skorpione jagen. Später kamen kulturelle Angebote, wie ein Jugendzentrum, ein Kino und ein Theater mit gr. Bühne dazu. 1965 drehte man den Film „al. e-ataref“ (Das Geständnis) in- und über das Leben der Menschen der Stadt, der u. a. mit berühmten Faten Hamama besetzt war. In den sechziger und siebziger Jahren lebten in dieser Stadt über 16.000 Menschen, was sie seinerzeit zur größten in der Region Red Sea machte. Erst 1984 wurde für einen TV-Anschluss mit einem einzigen Kanal gesorgt, zwei Jahre später kam ein zweiter hinzu.
Aber auch andere Länder wie z. B. Israel begann Phosphat abzubauen und zu vermarkten, entstand eine nicht unerhebliche Konkurrenz. Den Schlußstrich zog ein schweres Gewitter mit Starkregen – der die Stadt überflutete und schwer in Mitleidenschaft zog, man endschied sich die Förderung in den Bergen einzustellen und die Menschen umzusiedeln.

Unser zweiter Halt war dann auf einer kleinen Anhöhe, von welcher man einen wunderbaren Überblick über die Stadt und die Umgebung hatte. Von hier konnte man dann auch gut die Ausdehnung und die Aufteilung erkennen, welche diese Stadt früher hatte.

Unser letzter Halt auf unserem Ausflug war dann bei der alten Moschee im Zentrum der Stadt. Hier lässt sich zum Teil noch gut erkennen, wie aufwändig hier manches gestaltet war. Zuvor sah ich zwar an einigen zerfallenen Hauswänden noch ein paar Mosaiken, aber hier in der Moschee war noch ein wunderbarer gut erhaltener Bogen, welchen wir natürlich gleich für ein paar Selfies nutzten. Anschließend ging es für mir noch hinauf auf den Turm, was Aufgrund der stellenweise kaum noch vorhandenen Stufen bei der engen Wendeltreppe, schon eine kleine Herausforderung mit den klobigen Motorradstiefeln war, welche sich aber für die Aussicht wieder rum gelohnt hatte.

Anschließend ging es dann über eine etwas ausgefallenere Route zurück zum Camp, wo wir dann die Motorräder wieder auf den Trailer luden und zufrieden und entspannt wieder zurück in die Stadt fuhren.

Hier noch ein Video, welcher aus den Mitschnitten unserer Guides (Danke hierfür) und ein paar kommentierten Aufnahmen meinerseits zusammengestellt ist.

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