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Deutschland

Auf dem Heimweg von Erfurt

Heute ging es dann von meiner Ausliefertour wieder gemütlich Richtung Heimat. Dabei machte ich wieder ein paar Abstecher zu verschiedenen Lokalitäten, welche ich zum Teil vorher schon auf meiner Karte hatta, aber auch ein schöner Zufallsfund mit etlichen Fotos und privaten Erinnerungen war dabei.

Der erste Halt war das Schloss Tonna, auch Kettenburg genannt. Dies ist eine mittelalterliche Wasserburg in Gräfentonna, einem Ortsteil von Tonna im Landkreis Gotha in Thüringen. Es wurde mehrfach umgebaut und diente über einen Zeitraum von 130 Jahren bis 1989 als Justizvollzugsanstalt. Schon 874 wurde der Ort als Wohnsitz (Villa Tonna) der Grafen von Tonna genannt. 1089 wurde es von Erwin I. bewohnt. Die ältesten Teile sind der 35 m hohe Turm im Nordflügel und das hohe Vorderhaus im Nordosten. Um 1200 wurde das Gebäude als typische spätromanische Wasserburg (umgeben von einem Wassergraben, dessen Wasser vom Seegraben gespeist wurde) als Schloss der Grafen von Gleichen und Tonna auf einer Fläche von knapp 12.000 m² neu erbaut.

Das Schloss bildet ein Rechteck von 2604 m² (62 × 42 m). Die vierflügelige Kernburg erhielt eine trapezförmige Vorburg. 1375 wurde das Schloss nach einem Brand wiederhergestellt und mit zeitgenössischen Stilelementen ausgestattet. Süd- und Ostflügel wurden in mehreren Stufen im 16. Jahrhundert ausgebaut. Der Westflügel stammt aus dem 16. oder 17. Jahrhundert. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1861 diente das Schloss als fürstliches Amtshaus des Herzog zu Gotha. 1761 erfolgten Umbauten für den fürstlichen Amtsvogt von Gotha. Einige Räume dienten als Speicherräume für Zinsfrüchte. Bis 1859 diente das Schloss als Justiz- und Rentamtssitz und wurde bis 1861 durchgreifend umgestaltet.

Von 1861 bis 1991 diente das Gebäude als Zuchthaus und hat vielleicht aus dieser Zeit seinen Namen. 1873 wurde es durch Aufstockung eines dritten Stockwerks im Süd- und Westflügel und durch einen Anbau an der Nordseite erweitert. 282 Einzelzellen „beherbergten“ die Insassen in der Nacht. Früher bewohnte ein Turmwächter den Turm, der bei drohender Gefahr oder bei Sichtbarwerden eines Feindes ins Horn stieß. Zu Zuchthauszeiten stieg ein „Insasse“ alltäglich in den Turm, um die Uhr aufzuziehen.

Zwischen 1933 und 1935 erreichte die Belegung mit 85 bzw. 35 Frauen in der Gefängnis- bzw. Zuchthausabteilung einen Höhepunkt. Der Anteil der politischen Gründen Inhaftierten stieg seit 1933 von 5 auf 45 %. Die seit 1933 wieder eingerichteten Männerabteilungen wiesen eine Steigerung der Belegung von 98 im Jahre 1933 auf 261 im Jahre 1935 auf. Seit 1934 gab es eine Zuchthaus-Abteilung für Männer, deren Zahl bis 1935 von 42 auf 111 Personen anstieg. Aus der Abteilung Sicherungsverwahrung wurden von den 164 Personen 80 % an die KZ Buchenwald und KZ Mauthausen überstellt. Während des Zweiten Weltkrieges waren mindestens 144 ausländische Zwangsarbeiter inhaftiert. Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus Frankreich, Polen und der Sowjetunion mussten in der Landwirtschaft von Burgtonna, auf der Domäne Schröder in Gräfentonna und im Betrieb W. Mottebohm arbeiten.

Zu DDR-Zeiten waren in diesem Gefängnis auch politische Häftlinge inhaftiert.

Seit der Fertigstellung einer neuen Justizvollzugsanstalt in Gräfentonna nach der Wende steht das Schloss leer und befindet sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand. 1993 wurde es dem Freistaats Thüringen als Vermögen zugeordnet.

Dieser verkaufte es 1996 an die landeseigene Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG) zur Verwertung. 2007 versteigerte die (LEG) das Schloss und erteilte dem Höchstbietenden, der Fa. Gans Generalbauunternehmung GmbH in Zürich, den Zuschlag. Nachdem über Jahre keine Sanierungsarbeiten stattfanden, wurde das Schloss 2012 über die Sächsische Grundstücksauktionen AG, Dresden, mit einem Mindestangebot von 29.000 Euro erfolglos auf einer Versteigerungsauktion angeboten.

Die Schweizer Gesellschaft versuchte daraufhin, es über das Internet zu veräußern. Die Thüringer Allgemeine berichtete von einem Verkaufsangebot von 108.000 Euro und schätzt den Sanierungsbedarf auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Bei einer erneuten Versteigerung im Februar 2013 erhielt eine US-amerikanische Limited Liability Company namens „ISAR LLC“ den Zuschlag für 29.000 Euro und warb anschließend am Gebäude für die Vermietung von Wohn- und Lagerräumen.

Als Vertreter der Eigentümergesellschaft wurden Dr. Wolfgang Pöschl und Lana Dandridge, 1603 Capitol Avenue, Suite 314-161, Cheyenne, Wyoming, USA, eingetragen. Als Geschäftsadresse wurde eine Anschrift unter Hauptstraße 86 a, 5113 Köln angegeben. 2015 berichtete die Thüringer Allgemeine sowohl über konstruktive Gespräche zwischen dem neuen Eigentümer und der Unteren und Oberen Denkmalschutzbehörde als auch darüber, dass das Schloss sich bis auf Stabilisierungsmaßnahmen weiterhin im Ausgangszustand befinde. Seit spätestens März 2020 ist das Dach des Schlosses an mehreren Stellen offen. Im Oktober 2020 gründete sich daraufhin ein „Förderverein Schloss Tonna“ mit dem Zwecken der Geschichtsforschung, des Denkmalschutzes, der Denkmalpflege und der Bildungsarbeit in Bezug auf das Schloss.

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Daneben befindet sich auch das ehemalige Hotel Kettenburg, welches wohl allen Anscheins auch von Aussiedlern für Tanzveranstaltungen genutzt wurde.

Auf dem weiteren Weg und am Ortsausgang entdeckte ich dann das Haus des Fotographen. Inzwischen konnte ich auch Infos dazu finden. Hier ein kurzer Zeitungsbericht zum – wie vermutet – Besitzer einem Pressefotografen.

In der Nähe der bekannten Kettenburg befindet sich dieses Wohnhaus. Hier ein Bericht zum ehemaligen Besitzer.

Die Nachricht schockiert. Der aus Gräfentonna in Thüringen stammende Pressefotograf Manfred Steinig (69) ist tot.

Wenn auch der Begriff mitunter überstrapaziert wird, Steinig war so etwas wie ein Urgestein seiner Branche. Ja, er war keinesfalls geradlinig, eher für seine Mitstreiter unbequem. Er hat einst in der DDR die jahrelange Arbeit als Fotograf für die Nachrichtenagentur ADN in deren Berliner Zentrale freiwillig mit der in der thüringischen Provinz, mit Stationen in Erfurt, in Gotha und in Bad Langensalza getauscht.

Nicht etwa fehlender beruflicher Reverenzen wegen, nein, denn die wiesen ihn als absoluten Profi, als Könner aus. Nein, er wollte freiwillig den Wechsel. In seiner Heimat kannte er jeden, und jeder kannte ihn irgendwie. Er war – wie kaum ein anderer Journalist – gierig, als Erster technisch aufgerüstete Arbeitsmittel zu probieren, sie konsequent zu nutzen.

Gleich, ob es sich um das damals klobige Handy handelte, oder um die neueste Spiegelreflexkamera, die gerade auf den Markt gekommen war oder um den Einsatz der ersten Speicherkarten, Manfred Steinig bemächtigte sich ihrer sofort. Ihm war es egal, ob er für die Anschaffung das eigene Portemonnaie öffnen musste, weil die Parteizeitungsverlage oder später nach der Wende auch der ihn beschäftigende, marktwirtschaftlich orientierte Verlag der Thüringer Allgemeine keine Mittel locker machten.

Der Beruf fesselte ihn. Manfred Steinig war aber nicht nur ein geschätzter Zeitungsfotograf, er erwies sich auch als wandelndes Lexikon. Kaum ein Gebiet, außer Sport vielleicht, auf dem er sich nicht auskannte. Er war ein Einzelgänger, zugleich einer, dessen Hilfsbereitschaft viele andere Redakteure in den Schatten stellte. Nun hat er Ruhe gefunden. Thüringens Journalisten gedenken seiner in Ehren – nicht nur die Fotografen.

Bei der Fahrt Richtung Eisennach sah ich dann von der Straße aus diese alte Mühle. Scheint zum Teil noch genutzt zu werden, auch wenn ein beträchtlicher Teil davon verfallen ist. Im Netzt konnte ich leider nicht wirklich viel über die Nessemühle herausfinden. Aber ich denke, wenn ich mal wieder in der Ecke bin, werde ich das Objekt genauer unter die Lupe nehmen.

Zu den nächsten drei Objekten, welche sich mehr oder weniger auf einer Ecke befinden, konnte ich leider mal wieder keinerlei Infos herausfinden. Bei der ersten denkt man von außen sieht diese Villa bis auf die kaputten Fenster eigentlich noch ganz gut aus. Wenn man das Innere betritt, ändert sich das schlagartig. Das ganze Gebäude wird scheinbar nur noch durch die Außenwände und die Treppe zusammen gehalten. Schade darum, wenn man die ganzen Verzierungen am Gebäude betrachtet.

Von diesem Objekt aus hatte ich schon das zweite – etwas größere – entdeckt. Der Weg dorthin war etwas beschwerlicher, da der ehemalige Hauptweg durch ein Privatgelände führte, in welchem ständig Leute unterwegs waren. Also habe ich mich über den kleinen alten Trampelpfad auf den Weg dorthin gemacht. Auch dieses Objekt scheint schon lange leer zustehen und dem Verfall preisgegeben worden zu sein. Eigentlich schade, den die Aussicht von hier ist Phantastisch. Wenn der Eindruck nicht täuscht, hat hier zumindest eine Zeitlang wohl ein Künstler sein Atelier gehabt.

Als ich dann über den Trampelpfad wieder zurück auf den Waldweg gelangte, kamen mir ein paar Spaziergänger entgegen und fragten neugierig was ich denn auf dem alten Grundstück gesucht habe. Ich zeigte ihnen meine Fotos und erklärte was ich so mache. Die fanden das spannend und konnten mir zwar auch weiter nichts über die Geschichte dieser Gebäude erzählen, erklärten mir aber, das wenn ich den Waldweg weiter den Berg hinaufgehen würde, noch ein verlassenes  Waldheim kommen würde. Also nix wie den Weg hinauf und auch noch dieses Objekt unter die Lupe genommen. Leider, oder gerade wegen der Abgeschiedenheit, auch sehr viel zerstört und verschmiert. Scheint wohl des Öfteren als Party Location genutzt worden zu sein.

Nachdem ich hier meine Tour beendet hatte, begab ich mich dann schleunigst zu meinem Fahrzeug, den es fing langsam an zu regnen und ein Blick nach oben sagte einen kräftigen Schauer voraus. Kaum im Wagen, ging es dann auch schon los. Glück gehabt und genug erlebt für heute. Nun hatte ich noch rund 3,5 Stunden Autobahn vor mir, bevor ich dann endlich wieder in mein Bettchen durfte…

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