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Deutschland

Auf dem Weg nach Berlin

Heute musste ich wieder einmal beruflich nach Berlin. Ich nutze die Gelegenheit natürlich gleich wieder um einige gespeicherte Lost Place Locations zu besuchen.

Mein erster Stopp Richtung Berlin war dann auch die ehemalige Sternburg Brauerei. Ein Hauch von Geschichte, ein Schimmer von Verfall und mittendrin ich, auf dem Weg nach Berlin, mit einem Abstecher in die Vergangenheit: Die ehemalige Sternburg Brauerei in Lützschena. Schon beim Näherkommen spüre ich dieses Kribbeln, das nur Lost Places auslösen können. Die Sonne steht noch am Himmel, aber über dem Gelände liegt eine seltsame Stille, als hätte der Ort beschlossen, seine Geheimnisse nur den Mutigen zu offenbaren, die sich auch tagsüber hineinwagen.

Ankunft am Lost Place

Ich parke am Rand des Areals, das einst von Leben und dem Duft frisch gebrauten Biers erfüllt war. Jetzt ragen die Überreste der Brauereigebäude wie mahnende Skelette in den Himmel. Die Mauern sind von der Zeit gezeichnet, Fensterhöhlen blicken mich an wie leere Augen. An manchen Stellen hat sich die Natur ihren Platz zurückerobert: Efeu windet sich an den Fassaden empor, Gras sprießt aus Ritzen im Pflaster. Es riecht nach feuchtem Stein, nach Staub und einer Prise Abenteuer.

Langsam gehe ich über das Gelände. Jeder Schritt hallt dumpf wider, als würde ich die Geister der Vergangenheit wecken. Ich stelle mir vor, wie hier einst die Kutschen vorfuhren, Arbeiter in Schürzen Fässer rollten und der Geruch von Malz und Hopfen in der Luft lag. Heute ist davon nur noch ein Hauch geblieben und ein Gefühl, als würde der Ort mich beobachten.

Die Geschichte lebt in den Mauern

Die Sternburg Brauerei hat eine bewegte Geschichte. 1822 kaufte der Leipziger Kaufmann und Wollhändler Maximilian Speck das Rittergut Lützschena. Schon damals stand auf dem Gelände ein Brauhaus, das spätestens seit Mitte des 18. Jahrhunderts Bier herstellte. Speck hatte große Pläne: Er wollte hier nicht nur Viehzucht betreiben, sondern auch ein landwirtschaftliches Mustergut aufbauen. Und natürlich Bier brauen, nach bayerischer Art, wie er es von einer Reise mitbrachte. Der Braumeister aus dem Kloster Sankt Veit folgte ihm nach Lützschena und verwandelte die Brauerei in ein modernes Brauhaus, das untergärige Lagerbiere herstellte. Das Sternburg-Bier war geboren und wurde schnell zum Verkaufsschlager.

Im Laufe der Jahrzehnte wuchs die Brauerei stetig. Neue Gebäude entstanden, riesige Lagerkeller wurden in den Boden getrieben, und der Flaschenbierversand machte das Bier überregional bekannt. Die Sternburg Brauerei wurde zu einem der größten Brauhäuser Mitteldeutschlands, mit Exporten bis nach Osteuropa. In der DDR war Sternburg ein echtes Kultbier, das sogar auf Flugzeugen und Schiffen ausgeschenkt wurde. 1989 arbeiteten hier rund 500 Menschen, die jährlich rund 500.000 Hektoliter Bier produzierten.

Nach der Wende kam der Niedergang: Die Produktion wurde eingestellt, das Gelände verfiel. Heute ist von Glanz und Ruhm nur noch eine melancholische Schönheit übrig, die mich in ihren Bann zieht.

Die Atmosphäre vor Ort

Mit jedem Schritt durch die verlassenen Hallen wächst das Gefühl, dass hier die Zeit stehen geblieben ist. In einer Ecke entdecke ich alte Flaschen, verstaubt und von Spinnweben überzogen. Die Sonne wirft lange Schatten durch zerbrochene Fenster, Staub tanzt im Licht. Es ist still, beinahe unheimlich, als würde das Gebäude den Atem anhalten. Ich lausche auf jedes Knacken, jedes entfernte Tropfen. Mein Herz schlägt schneller, nicht vor Angst, sondern vor Ehrfurcht.

Hier und da zeugen Brandspuren von einem Feuer, das 2018 Teile der Brauerei zerstörte. Die Ruinen wirken dadurch noch verwunschener, als hätte ein Fluch sie getroffen. Die Natur holt sich langsam zurück, was der Mensch aufgegeben hat. Und doch, zwischen all dem Verfall spüre ich die Energie von Generationen, die hier gearbeitet, gelacht und gelebt haben.

Fazit meines Besuchs

Verlassene Orte wie die Sternburg Brauerei sind mehr als nur Ruinen. Sie sind Zeitkapseln, die Geschichten erzählen, von Aufstieg und Fall, von harter Arbeit und großen Träumen. Während ich das Gelände verlasse, bleibt ein leichtes Schaudern zurück. Nicht aus Angst, sondern aus Respekt vor der Geschichte, die noch immer in den Mauern flüstert. Und ich weiß: Solche Orte vergisst man nicht so schnell.

Ein Ort, an dem die Zeit stehen geblieben ist und an dem die Dunkelheit ihre ganz eigene Geschichte erzählt. Während draußen die letzten Reste des Tages in der Nacht versanken, stand ich vor dem alten Krematorium in Dessau. Es war, als hätte sich die Welt für einen Moment zurückgezogen und mich mit diesem Gebäude allein gelassen.

Ankunft am Krematorium

Schon von weitem wirkte das Krematorium wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Das Licht der Straßenlaternen reichte nicht bis hierher und so lag das Gebäude im Schatten, als würde es sich vor neugierigen Blicken schützen wollen. Es erinnerte mich an Böcklins Toteninsel, monumental, einsam, fast ehrfürchtig. Die Stille war drückend, nur ab und zu unterbrochen vom Rascheln der Blätter oder dem entfernten Ruf einer Eule.

Die Geschichte in den Mauern

Beim Betreten des Geländes spürte ich sofort, dass hier mehr als nur Steine und Mörtel auf mich warteten. Über 100000 Menschen wurden hier bis in die 1990er Jahre eingeäschert, ihre Geschichten und Schicksale hängen noch immer in der Luft. Hinter dem Krematorium erstreckt sich der erste Urnenfriedhof Dessaus, ein Ort, der einst als Zeichen des Fortschritts galt, heute aber fast vergessen ist.

Die Architektur verriet viel über die Zeit, in der das Krematorium entstand. 1910 war es ein moderner Bau, doch der Fortschritt ließ auch diesen Ort irgendwann alt aussehen. Schon in den 1930ern wurde angebaut, um Platz für Büro, Lager und Kühlräume zu schaffen. Die Spuren dieser Veränderungen sind überall sichtbar, vermauerte Säulengänge, eine Laderampe für Automobile, sogar ein Bad für die Mitarbeiter, alles wirkt heute wie aus einer anderen Welt.

Technik und Verfall

Im Inneren begegnete mir eine Mischung aus technischer Raffinesse und Verfall. Besonders beeindruckend waren die vier Schalttafeln auf Marmor. Trotz der mutwilligen Beschädigungen zeugen sie noch immer von der Bedeutung, die dieser Ort einst hatte. In den unteren Technikebenen entdeckte ich einen Teil der alten Versenkungsanlage, die damals mit Wasserdruck betrieben wurde, eine kleine Sensation für Technikfans wie mich.

Die Kremationsöfen waren einst das Herzstück des Gebäudes. Zwei Y-förmig angelegte Etagenöfen, bedient über ein Drehkreuz Schienensystem. Heute sind die Brenner längst demontiert, doch in einem Nebenraum liegen noch immer fast neue Sargauflagesteine und Drehplatteneinsätze. Es ist, als hätte jemand von einem Tag auf den anderen einfach aufgehört, hier zu arbeiten.

Der Trauerraum ein Ort der Stille

Der monumentale Trauerraum ist heute ein trauriges Bild. Taubenkot bedeckt den Boden, die Deckenverkleidung bröckelt und die Abdeckung der Versenkungsanlage ist zerstört. Die Empore ist noch zugänglich, aber zur Kuppel fand ich keinen Weg. Trotzdem war es ein eigenartiges Gefühl, hier zu stehen, zwischen den Schatten der Vergangenheit und dem Verfall der Gegenwart.

Abschied und Ausblick

Als ich das Krematorium wieder verließ, war ich mir sicher, hierher muss ich noch einmal zurückkehren, am besten bei Tageslicht. Die Atmosphäre bei Nacht war zwar unheimlich und bedrückend, aber auch faszinierend. Es gibt Orte, die erzählen ihre Geschichten nur, wenn man genau hinhört und das alte Krematorium in Dessau ist einer davon.

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