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Deutschland

Maschinenhalle Zweckel & Wasserschloss & Kriegsgräber

Ruhrpott-Tag mit Überraschungen: Von Kohle, Kunst und stillen Erinnerungen

Heute musste ich beruflich für einen Kunden mal wieder in den Ruhrpott. Kaum hatte ich meine Sendung im Ruhrpott beim Empfänger abgeliefert, packte mich die Abenteuerlust. Warum nicht das Beste aus dem Tag machen? Also ließ ich mich treiben, von Neugier und dem leisen Summen des Ruhrgebiets, das zwischen Vergangenheit und Gegenwart pulsiert. Mein erstes Ziel: die Zeche Zweckel in Gladbeck – ein Ort, der mehr Schloss als Schacht zu sein scheint.

Zeche Zweckel – Wo Industrie auf Aristokratie trifft

Schon von Weitem wirkt die Maschinenhalle der Zeche Zweckel wie ein schlafendes Schloss. Die Fassade, streng symmetrisch, die große Freitreppe und die Rundbogenfenster lassen kaum vermuten, dass hier einst Kohle gefördert wurde. Ich stehe vor dem Portal, das mit Bergbausymbolen verziert ist, und fühle mich fast wie ein Gast auf einem Ball – nur dass der Tanz hier einst von Maschinen und Arbeitern geführt wurde.

Drinnen umfängt mich ein Hauch von Jugendstil. Die Empore mit ihren geschwungenen Treppen und dem schmiedeeisernen Geländer, die ornamentierten Fliesen, alles wirkt wie aus einer anderen Welt. Kaum zu glauben, dass hier Kompressoren und Generatoren für Druckluft und Strom sorgten, um das ganze Bergwerk am Laufen zu halten. Der Ilgner-Umformer und die alten Fördermaschinen erinnern daran, wie groß der Maschinenpark einst war – und wie viel Energie hier durch die Hallen strömte.

Ein wenig schmunzeln muss ich, als ich erfahre, dass beim Abteufen des Schachts II sogar eine Solequelle entdeckt wurde. Prompt entstand ein Solbad, das bis 1950 ein beliebter Ort für Kur- und Badeurlaube war. Wer hätte gedacht, dass ein Bergwerk auch Wellness kann?

Heute ist die Maschinenhalle ein Ort für Kunst und Kultur. Die Ruhrtriennale hat hier schon so manche Bühne zum Beben gebracht. Und während ich durch die Halle schlendere, stelle ich mir vor, wie Musik und Theater die alten Mauern mit neuem Leben füllen.

Wasserschloss Wittringen – Insel der Ruhe und Geschichten

Nach so viel Industriegeschichte zieht es mich ins Grüne. Das Wasserschloss Wittringen empfängt mich mit offenen Armen – oder besser gesagt, mit einer Zugbrücke und einer breiten Gräfte, die die Schlossinsel umgibt. Die Sonne glitzert auf den kleinen Seen, auf denen Enten und Schwäne ihre Bahnen ziehen. Kinder toben auf dem Spielplatz, Familien picknicken auf den Wiesen. Ich atme tief durch – hier fühlt sich das Ruhrgebiet ganz anders an.

Das Schloss selbst, dessen Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert reichen, wirkt wie aus einem Märchenbuch. Das alte Fachwerkhaus, der Torbau mit dem Wappenstein und das Hauptgebäude im Stil der niederrheinischen Renaissance erzählen von Rittern, Adligen und bewegten Zeiten. Im Inneren entdecke ich das kleine Museum, das naturkundliche, bergbau- und stadtgeschichtliche Schätze zeigt – ein schöner Bogen zurück zur Zeche Zweckel.

Ein Abstecher auf die Vogelinsel darf nicht fehlen. Aras, Kakadus und andere Papageienvögel sorgen für exotisches Flair, während Ziegen und Hängebauchschweine im Streichelzoo um die Wette meckern. Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen: So viel Leben auf so kleinem Raum.

Stille Orte – Die Kriegsgräberstätte sowjetischer Kriegstoter

Bevor ich mich auf den Heimweg mache, zieht es mich noch zu einem Ort der Stille: die Kriegsgräberstätte sowjetischer Kriegstoter. 209 Menschen, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren, ruhen hier, darunter 137 sowjetische Kriegsopfer. Die schlichten Grabsteine und das leise Rascheln der Bäume erinnern mich daran, wie viel Geschichte in dieser Region verborgen liegt – und wie wichtig es ist, innezuhalten und zu gedenken.

Ich stehe einen Moment still, lasse die Gedanken schweifen und spüre, wie sich der Kreis des Tages schließt: Von der pulsierenden Energie der Zeche über die friedliche Idylle des Wasserschlosses bis hin zur stillen Mahnung der Kriegsgräberstätte. Der Ruhrpott hat viele Gesichter – und jedes erzählt seine eigene Geschichte.

Heimweg mit neuen Eindrücken

Mit dem Kopf voller Bilder und Geschichten mache ich mich auf den Weg zurück nach Karlsruhe. Der Ruhrpott hat mich wieder einmal überrascht – mit seiner Mischung aus rauer Industrie, grünen Oasen und bewegender Geschichte. Und ich weiß: Das war sicher nicht mein letzter Abstecher in diese spannende Region.

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