Erste Erkundungen in der Stadt
Erste Erkundungen in der Stadt Siem Reap
Bevor ich die legendären Tempel von Angkor erkunden wollte, zog es mich zunächst zu den weniger bekannten, aber nicht minder faszinierenden Ecken von Siem Reap. Allein unterwegs, mit dem Day Day Inn als Basis, begann ich meine ganz eigene Entdeckungsreise durch die Stadt und schon nach den ersten Stunden war klar: Siem Reap ist weit mehr als nur das Tor zu Angkor Wat.
Wat Preah Prom Rath – Ein Hauch von Geschichte mitten in der Stadt
Mein erster Stopp war der Wat Preah Prom Rath, ein lebendiges buddhistisches Kloster, das sich im Herzen von Siem Reap befindet, nur einen Steinwurf von der geschäftigen Pub Street und dem Alten Markt entfernt. Schon beim Betreten des Tempelgeländes spürte ich, wie der Trubel der Stadt in den Hintergrund rückte. Die Pagode selbst ist ein Paradebeispiel für den Khmer-Stil: bunt, detailverliebt und von einer fast meditativen Ruhe umgeben.
Im Innenhof begegnete ich einigen Mönchen, die sich freundlich nickend ihrem Alltag widmeten. Die Atmosphäre war entspannt, fast familiär. Besonders beeindruckt haben mich die Statuen, die verschiedene buddhistische Glaubensrichtungen darstellen. In der großen Halle dominiert eine riesige Statue eines sitzenden Buddha, flankiert von einem liegenden Buddha, der aus Holz geschnitzt wurde, ein Werk, das auf eine alte Legende zurückgeht.
Die Geschichte des Tempels reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Es heißt, ein buddhistischer Mönch namens Preah Ang Chong Han Hoy habe nach einem Abenteuer auf den Flüssen der Region nur durch ein Wunder überlebt: Die vordere Hälfte seines beschädigten Bootes brachte ihn sicher nach Hause. Aus Dankbarkeit wurde der liegende Buddha geschaffen, der heute noch zu sehen ist.
Zwischen den kunstvoll bemalten Bildwänden und den alten, restaurierten Holzgebäuden aus den 1940er und 1950er Jahren fühlte ich mich beinahe wie auf Zeitreise. Ein älterer Einheimischer, der im Schatten eines Baumes saß, erzählte mir mit leiser Stimme von den Veränderungen, die der Tempel erlebt hat und wie stolz die Gemeinde auf dieses Stück Geschichte ist.




















Wat Thmey – Die dunkle Seite der Vergangenheit
Nach dem friedlichen Start wurde es ernst. Wat Thmey, auch bekannt als die Killing Fields von Siem Reap, ist ein Ort, der tief unter die Haut geht. Viele, die nach Kambodscha reisen, wissen wenig über die Schrecken der Roten Khmer. Hier, auf dem Gelände eines ehemaligen Gefängnisses, wird die Geschichte greifbar.
Ich stand vor der Gedenkstupa, in der die Gebeine und Schädel von Opfern aufbewahrt werden. Es ist ein stiller, nachdenklicher Ort. Die Sonne brannte auf das Gelände, doch die Stimmung war kühl und schwer. Auf Informationstafeln las ich von den Grausamkeiten, die hier geschahen: Familien wurden auseinandergerissen, Menschen wegen kleinster Vergehen verhaftet und hingerichtet. In den Gruben und Wasserbrunnen südlich des Gefängnisses ruhen die Überreste von tausenden Unschuldigen.
Ein älterer Mönch, der die Stupa pflegt, sprach mit mir über die Bedeutung des Ortes. Er sagte: „Wir müssen erinnern, damit es nie wieder geschieht.“ Der Satz hallte lange nach. Es ist ein Mahnmal, das nicht nur an die Opfer erinnert, sondern auch an die Kraft der Menschen, nach vorne zu schauen.




















War Museum Cambodia – Geschichte zum Anfassen
Nach diesem bedrückenden Erlebnis suchte ich das War Museum Cambodia auf. Das Museum liegt etwas außerhalb, direkt an der Nationalstraße 6, und ist schon von weitem an den ausgestellten Panzern und Flugzeugen zu erkennen. Es ist das einzige Kriegsmuseum des Landes und bietet einen schonungslosen Einblick in die jüngere Geschichte Kambodschas.
Zwischen den Relikten, einem sowjetischen T-54-Panzer, einer MiG-19, einem Mil Mi-8 Hubschrauber, fühlte ich mich wie in einem Freiluftarchiv. Viele dieser Maschinen waren nicht nur im Bürgerkrieg, sondern sogar im Zweiten Weltkrieg im Einsatz. Besonders beeindruckend fand ich die Sammlung von Landminen und die seltenen Fotografien aus den Kriegsjahren.
Ein junger Guide, selbst Überlebender der Minenfelder, erzählte mir seine Geschichte. Er führte mich zu einer Vitrine mit improvisierten Waffen und erklärte, wie gefährlich das Leben damals war. „Jede Familie hat jemanden verloren“, sagte er leise.
Das Museum selbst hat in den letzten Jahren eine spannende Entwicklung durchgemacht. Nach einer langen Zeit des Verfalls wurde es mit Hilfe von Freiwilligen und neuen Ideen wiederbelebt. Heute gibt es eine Zeitleiste, ausführliche Beschreibungen und sogar Uniformen für das Personal. Die Besucherzahlen steigen wieder, und das Museum ist zu einem wichtigen Ort der Erinnerung und Aufklärung geworden.




















Fazit: Siem Reap – Zwischen Spiritualität, Schmerz und Hoffnung
Meine ersten Tage in Siem Reap waren intensiv und voller Kontraste. Die Stadt hat mich mit offenen Armen empfangen, mir aber auch ihre Narben gezeigt. Zwischen goldenen Pagoden und den Schatten der Geschichte spürt man hier, wie eng Schönheit und Leid beieinanderliegen. Es sind genau diese Gegensätze, die einen Besuch in Siem Reap so besonders machen und die mich neugierig auf alles Weitere stimmen, was diese Region noch zu bieten hat.
