Unterwegs in der Kaiserstadt Anuradhapura
Ein Tag in Anuradhapura – Auf den Spuren der alten Kaiserstadt
Stell dir vor, du wanderst durch eine Stadt, die einst zu den größten der Welt zählte, in der Jahrtausende alte Bäume Geschichten von Erleuchtung flüstern und riesige Stupas wie schlafende Riesen über die Ebene wachen. Mein Tag in Anuradhapura war eine Reise durch Zeit und Glauben – und voller kleiner und großer Abenteuer. Komm mit, ich nehme dich mit auf einen Streifzug durch die Wiege des singhalesischen Königreichs!
Ankunft in der alten Kaiserstadt
Schon die Fahrt nach Anuradhapura fühlt sich an, als würde ich in ein lebendiges Geschichtsbuch eintauchen. Die Stadt, heute Hauptstadt der Nord-Zentralprovinz, war über 1000 Jahre lang das Zentrum singhalesischer Königsdynastien. Gegründet im 4. Jahrhundert v. Chr. rund um den legendären Sri Mahabodhi Baum, war sie die erste Hauptstadt Sri Lankas und im Jahr 100 n. Chr. sogar die neuntgrößte Stadt der Welt. Über 1300 Jahre lang war Anuradhapura politisches und religiöses Herz des Landes, bis die Chola-Dynastie sie 993 n. Chr. endgültig eroberte. Danach verschwand sie im Dschungel – erst Ausgrabungen brachten Paläste, Klöster und Monumente wieder ans Licht.
Beim Schlendern durch den Mahamevnāwa Park kann ich kaum glauben, wie viele der eindrucksvollsten Bauwerke hier versammelt sind. Und dann ist da noch die Geschichte von Robert Knox, dem ersten Europäer, der Anuradhapura 1679 auf seiner abenteuerlichen Flucht durch Sri Lanka entdeckte. Die Stadt hat schon so viele Geschichten gesehen – und heute bin ich Teil davon.








Der heilige Jaya Sri Maha Bodhi – Ein Baum als Weltwunder
Mein erster Weg führt mich zum Jaya Sri Maha Bodhi. Der Baum ist kein gewöhnlicher Feigenbaum – laut Überlieferung stammt er von einem Zweig des Bodhi-Baumes aus Bodhgaya, unter dem Buddha die Erleuchtung fand. 288 v. Chr. wurde er gepflanzt und gilt als ältester von Menschen gepflanzter Baum mit bekanntem Pflanzdatum. Ich stehe ehrfürchtig vor diesem Wunder, umgeben von Pilgern in weißen Gewändern, und spüre, wie die Jahrtausende in den Ästen rauschen. Die Feigenbäume rundherum schützen ihn vor Stürmen und neugierigen Tieren – ein lebendes Heiligtum, das bis heute zu den wertvollsten Reliquien des Buddhismus zählt.










Eine kleine Pause im Sri Sarananda Maha Pirivena
Nach so viel Geschichte brauche ich eine kleine Pause – und finde sie im Sri Sarananda Maha Pirivena, einer Raststation für Besucher und Pilger. Hier herrscht ein ständiges Kommen und Gehen, Stimmengewirr in allen Sprachen und das leise Klappern von Teetassen. Ich gönne mir einen süßen Tee und beobachte das bunte Treiben. Ein Ort, an dem sich die Wege der Welt kurz kreuzen, bevor jeder wieder seiner eigenen Spur folgt.










Isurumuniya – Tempel der Liebenden und Elefanten
Nächster Halt: Isurumuniya, ein Tempel, der fast schon im Fels zu wachsen scheint, nahe dem Tissa Wewa. Vier berühmte Schnitzereien ziehen mich magisch an: Die Isurumuniya Lovers – ein Liebespaar, das so lebendig wirkt, als würde es gleich zum Leben erwachen –, die Elefanten am Teich, die königliche Familie und das geheimnisvolle Pferd. Die Geschichte des Tempels reicht zurück zu König Devanampiya Tissa, der ihn für 500 frisch ordinierte Kinder hoher Kaste errichten ließ. Über eine steile Treppe geht es hinauf zur kleinen Stupa auf der Klippe – der Ausblick ist atemberaubend. Und als ich die Elefantenfiguren im Felsen entdecke, muss ich schmunzeln: Sie wirken, als hätten sie gerade ein Bad im Teich genommen.


















Das kleine Archäologische Museum – Portal zur Vergangenheit
Am Eingang zum Gelände erwartet mich ein unscheinbares, aber spannendes Museum. Es ist nicht nur der Ticketschalter, sondern auch ein kleines Portal in die Vergangenheit. Hier bestaune ich Fundstücke, Skizzen und Modelle, die die Dimensionen der alten Stadt greifbar machen. Ein perfekter Einstieg, um sich auf die kommenden Entdeckungen einzustimmen.










Die Palastruinen von König Vijayabahu
Der Palast wurde 1070 erbaut, als Anuradhapura nicht mehr die Hauptstadt des singhalesischen Königreichs war. Studien haben gezeigt, dass der Palast auf Wunsch des Königs entstand, in der alten Hauptstadt zu sein. Durch den Bau dieses Palastes versuchte König Vijayabahu I., seine Herrschaft in der glorreichen alten Hauptstadt der Singhalesen zu festigen. Leider ist heute außer zwei gut erhaltenen Haltesteinen nur noch sehr wenig von dem Gebäude übrig. Das Schlossgelände ist ein rechteckiges Baufeld. Die Haupthalle ist 31 Meter lang und 13 Meter breit und wird von mehr als 30 Steinsäulen getragen. Das ursprüngliche Gebäude war ein 7-stöckiges Gebäude. Jetzt sind nur noch zweistöckige Ruinen übrig. Neben den Palastruinen von Palakma Bahu gibt es weitere Nebenan entdecke ich die Royal Council Hall und das Royal Bath – und am riesigen Reistrog kann ich mir lebhaft vorstellen, wie hier einst Mönche und Besucher gemeinsam speisten.










Kuttam Pokuna – Die Zwillingsteiche
Kuttam Pokuna (Zwillingsteiche oder Pools) sind gut erhaltene alte Badebecken oder Teiche in Sri Lanka. Dieses Teichpaar wurde von den Singhalesen im alten Königreich Anuradhapura angelegt. Sie sind Teil des Abhayagiri Vihāra-Komplexes und ein Beispiel für die Arbeiten auf dem Gebiet der Wasserbautechnik, Architektur und Kunst der alten Singhalesen. Auf einer Karte des Abhayagiri Vihāra-Komplexes können über dreißig Gewässer gezählt werden. Der größte davon ist der Eth Pokuna. Die Kuttam Pokuna befinden sich am östlichen Rand des Komplexes. Über die Geschichte dieser Teiche ist nicht viel bekannt. Es wird allgemein angenommen, dass sie während der Herrschaft von König Aggabodhi I. von Anuradhapura (575-608) gebaut wurden. Der Name Twin Ponds ist irreführend, da sie nicht gleich alt sind: Der kleinere nördliche Teich soll älter sein als der größere südliche Teich.Ich steige die steinernen Stufen hinab, bewundere die filigranen Naga-Statuen und das ausgeklügelte Filtersystem, das das Wasser rein hielt. Ein Ort, der zeigt, wie fortschrittlich die alten Singhalesen waren – und wie viel Liebe zum Detail sie in ihre Bauwerke steckten.










Die alte Malwathu-Oya-Brücke – Steine über stillem Wasser
Ein Stück weiter entdecke ich die alte Steinbrücke, von den Einheimischen Gal Palama genannt. Die alte Malwathu-Oya-Brücke in Anuradhapura wurde aus Steinblöcken gebaut; dies ist nicht die gesamte Brücke, sondern nur ein winziger Teil davon. Regional wird diese alte Steinbrücke als Gal Palama anerkannt. Es wurde ursprünglich über dem Yodha Ela gebaut, einem Kanal und Wasserauslass, der Wasser aus dem nahe gelegenen Tank brachte, um die benachbarten Reisfelder zu bewässern. Aber jetzt gibt es kein Yodha Ela mehr unter der Brücke und stattdessen eine kleinere, neuere Wasserstraße. Heute überspannt sie nur noch einen kleinen Wasserlauf, doch einst war sie Teil eines ausgeklügelten Bewässerungssystems. Ich stelle mir vor, wie hier einst Wasser aus dem Tank zu den Reisfeldern floss – und wie viele Füße diese Steine im Laufe der Jahrhunderte betreten haben.





Der Samadhi Buddha – Stille in Stein gemeißelt
Im Mahamevnāwa Park zieht mich die berühmte Samadhi Buddha Statue in ihren Bann. In vollkommener Meditationshaltung, aus Dolomitmarmor gemeißelt, strahlt sie eine Ruhe aus, die fast greifbar ist. Der Samadhi Buddha ist eine berühmte Statue im Mahamevnāwa Park. Der Buddha wird in der Position des Dhyana Mudra dargestellt, der Meditationshaltung, die mit seiner ersten Erleuchtung verbunden ist. Diese Statue ist aus Dolomitmarmor geschnitzt. Es ähnelt der Toluvila-Statue aus derselben Zeit. Es ähnelt auch Buddha-Bildern aus der Gupta-Zeit, es wird angenommen, dass das Bild ursprünglich vergoldet war und eingelegte Augen aus kostbaren Edelsteinen hatte. Es ist wahrscheinlich, dass es sich um eine der vier Statuen um einen heiligen Bodhi-Baum-Schrein handelte. Dies ist die einzige, die weitgehend intakt erhalten geblieben ist. Die Statue stammt aus dem 4. bis 6. Jahrhundert und gilt als eine der schönsten Buddha-Statuen in Sri Lanka. Eine aus weißem Teakholz geschnitzte Nachbildung wurde dem indischen Premierminister Modi bei seinem Staatsbesuch in Sri Lanka geschenkt. Ich setze mich in den Schatten eines Baumes und lasse die Atmosphäre auf mich wirken – ein Moment der Einkehr, mitten im Trubel der Pilger.









Mirisaweti Stupa – Ein Stupa aus Reue
Die Mirisaweti Stupa, hat eine besondere Geschichte: Die Mirisaweti Stupa wurde von König Dutugamunu erbaute, nachdem dieser König Elara besiegt hatte. Nachdem er die Reliquien des Buddha in das Zepter gelegt hatte, war er nach Tissa Wewa gegangen, um ein Bad zu nehmen. Nach dem Bad kehrte er an den Ort zurück, an dem das Zepter platziert war, und es heißt, dass er es nicht mehr bewegt konnte. So wurde die Stupa an der Stelle errichtet, wo das Zepter stand. Es wird auch gesagt, dass er sich daran erinnerte, dass er ein kühles Curry gegessen hatte, ohne es der Sangha anzubieten. Um sich selbst zu bestrafen, baute er die Mirisavetiya Dagaba. Ich mag solche Geschichten, in denen Menschen und Götter auf Augenhöhe verhandeln.










Lankarama – Der Stupa im Steinkreis
Lankarama, von König Valagamba erbaut, liegt etwas versteckt. Die Ruinen zeigen Reihen von Steinsäulen, die einst ein schützendes Haus um den Stupa trugen. Der runde Innenhof liegt drei Meter über dem Boden, der Stupa selbst misst 14 Meter im Durchmesser. Ich umrunde das Bauwerk und genieße die friedliche Stimmung, die hier herrscht.










Ruwanweli Maha Seya – Das Herz der Stadt
Der Ruwanweli Maha Seya, auch Mahathupa genannt, ist das vielleicht beeindruckendste Bauwerk Anuradhapuras. Mit 103 Metern Höhe und einem Umfang von 290 Metern zählt die Stupa zu den größten antiken Monumenten der Welt. In ihr ruhen die meisten Reliquien des Buddha – ein Ort von unschätzbarer spiritueller Bedeutung. Die schneeweiße Kuppel leuchtet in der Sonne, und ich kann kaum glauben, dass dieses Bauwerk schon mehr als 2000 Jahre alt ist. Die Energie der Pilger, die Gebete, das leise Murmeln – alles verschmilzt zu einem Gefühl von Ehrfurcht und Verbundenheit.















Jetavanarama – Die größte Ziegelstruktur der Antike
Der Jetavanarama-Stupa ist ein buddhistisches Reliquiendenkmal. Mit 122 Metern war es der höchste Stupa der Welt und das dritthöchste Bauwerk der Welt, als es von König Mahasena von Anuradhapura erbaut wurde. Er initiierte den Bau des Stupa. Nach der Zerstörung des Mahaviharaya von Anuradhapura. Sein Sohn Maghavanna I vollendete den Bau der Stupa und sie wurde von Parakramabahu I von Polonnaruwa renoviert. Es wird angenommen, dass ein Teil einer Schärpe oder eines Gürtels, der vom Buddha gebunden wurde, die Reliquie ist, die hier aufbewahrt wird.
Die Struktur ist in der Geschichte der Insel von Bedeutung, da sie die Spannungen innerhalb der Theravada- und Mahayana-Sekten des Buddhismus darstellt. Es ist auch in der aufgezeichneten Geschichte von Bedeutung als eines der höchsten Bauwerke der Antike und das höchste Gebäude ohne Pyramiden. Mit der Zerstörung und Aufgabe des Königreichs Anuradhapura im 11. Jahrhundert wurde der Stupa mit anderen von Dschungel bedeckt. König Parakramabahu versuchte im 12. Jahrhundert, diesen Stupa zu renovieren, und er wurde auf die aktuelle Höhe wieder aufgebaut, somit eine Verringerung der ursprünglichen Höhe. Heute steht es bei 71 Metern. Ich umrunde das monumentale Bauwerk, spüre die Kraft der Geschichte und stelle mir vor, wie hier einst Tausende Mönche lebten, lehrten und meditierten.








Abhayagiri – Kloster der Gelehrten
Der Abhayagiri-Tempel wurde von König Vattagamani Abhaya, nach der Überlieferung als Dank für die Unterstützung in einer schweren innenpolitischen Krise durch den Mönch Mahatissa, im frühen 1. Jahrhundert v. Chr. gegründet.
Mahatissa war ein Vertreter des Mahayana-Buddhismus, bei diesem Kult hatte die religiöse Verehrung von Statuen und ein ausufernder Reliquienkult beträchtlich an Bedeutung gewonnen. Daher war Mahatissa von dem Mönchsorden des Maha Vihatissa – zu dem er ursprünglich gehörte – verstoßen worden. Der Tempel genoss königlichen Schutz und wurde somit zum Anziehungspunkt für Anhänger des Mahatissa. Ein indischer Mönch mit Namen Dhammarucci wurde zum Abt des neuen Klosters bestimmt, das schon in den ersten Jahren rasch über 500 Mönche zählte und in seiner Blütezeit, im 3. Jahrhundert nach Christi Geburt mit bis zu 5000 Mönchen bevölkert war, die sich bevorzugt mit wissenschaftlichen Studien, Kunst und Philosophie beschäftigten. Das Kloster bestand bis in die letzten Tage des Ortes Anuradhapura. Schon unter König Gajabahu errichtete man die Stupa des Tempels, die die enorme Höhe von 84 Metern erreicht. Im 5. Jahrhundert besuchte der chinesische Mönch Faxian die Anlage und beschrieb eine stehende Buddha-Statue aus Jade mit sechs Metern Höhe.










Die Affenbande – Freche Begleiter
Natürlich treiben auf dem Gelände auch die Affen ihr Unwesen. Besonders die hellen mit der dunklen Maske haben es mir angetan. Sie turnen von Baum zu Baum, klauen den Pilgern Obst und sorgen für so manchen Lacher. Ich beobachte sie eine Weile und frage mich, ob sie wohl die wahren Herrscher der alten Kaiserstadt sind.










Schnappschüsse eines ereignisreichen Tages
Überall auf dem Gelände mache ich Fotos – von majestätischen Stupas, kunstvollen Schnitzereien, lachenden Pilgern und stillen Momenten. Jeder Schnappschuss erzählt seine eigene kleine Geschichte und erinnert mich daran, wie vielfältig und lebendig Anuradhapura ist.










Ein Spielplatz voller Flugzeuge – Kindheitsträume am Wegesrand
Auf dem Heimweg entdecke ich noch einen Spielplatz, vollgestellt mit alten Flugzeugen. Als Kind hätte ich hier Stunden verbracht! Heute schmunzle ich nur und frage mich, ob die alten Maschinen wohl noch von kleinen Abenteurern erobert werden – oder ob sie einfach als stumme Zeugen einer anderen Zeit am Rand der Geschichte stehen.















Fazit:
Mein Tag in Anuradhapura war wie eine Reise durch die Epochen – voller Staunen, Begegnungen und kleiner Wunder. Die alten Mauern erzählen ihre Geschichten, die Menschen schreiben neue. Und ich? Ich habe das Gefühl, ein Stück Weltgeschichte nicht nur gesehen, sondern erlebt zu haben.
