Unterwegs in der Umgebung von Hue – Diverse Grabstätten
Ein Tag zwischen den Gräbern der Kaiser – Unterwegs rund um Hue
Manchmal frage ich mich, wie viele Geschichten wohl zwischen den sanften Hügeln rund um Hue verborgen liegen. Heute war so ein Tag, an dem ich mich auf mein Motorrad schwang und mich auf die Spuren der Nguyen-Kaiser machte. Die Sonne lag noch tief, als ich durch das morgendliche Licht Richtung Süden fuhr, vorbei an Reisfeldern, kleinen Dörfern und dem Duft von Jasmin, der in der Luft hing. Mein Ziel: die berühmten Grabstätten der Kaiser,Monumente, die mehr von Vietnam erzählen als jedes Geschichtsbuch.
Das Grab von Tu Duc – Ein Palast für die Ewigkeit
Schon der erste Blick auf das Grab von Tu Duc, offiziell Khiem Mausoleum genannt, hat mich beeindruckt. Hier, eingebettet zwischen Pinien und einem stillen See, liegt einer der poetischsten Orte Vietnams. Die Anlage ist riesig, fast wie eine kleine Stadt, in einen Tempel- und einen Grabbereich unterteilt. Ich schlendere durch die alten Tore, vorbei an kunstvoll verzierten Pavillons, und stelle mir vor, wie der Kaiser hier einst mit seinen Konkubinen auf dem See Boot fuhr oder sich im Schatten des Xung Khiem Pavillons Gedichte ausdachte.
Besonders faszinierend finde ich die Geschichte um die Stele mit Tu Ducs eigenem Epitaph, ein riesiger Stein, der aus über 500 Kilometern Entfernung hierher transportiert wurde. Vier Jahre dauerte diese Reise, und noch immer steht die Stele im Pavillon östlich des Kaisergrabes. Es ist ein Ort voller Widersprüche: prachtvoll und doch von Tragik durchzogen. Tu Duc, der zwar 104 Frauen hatte, aber keinen Sohn zeugen konnte, schrieb sein Epitaph selbst, ein schlechtes Omen, wie er glaubte.
Ein älterer Mann, der im Schatten eines Baumes sitzt, erzählt mir, dass Tu Duc tatsächlich nie in diesem Grab bestattet wurde. Sein wahres Grab liegt irgendwo im Geheimen, und um das Geheimnis zu wahren, wurden die Arbeiter, die ihn beerdigten, angeblich enthauptet. Eine düstere Geschichte, die dem Ort noch mehr Mystik verleiht.




















Das Grab von Khai Dinh – Wo Ost auf West trifft
Die Straße windet sich weiter in die Berge, bis ich vor dem Grab von Khai Dinh stehe. Schon der Aufstieg ist spektakulär: 127 Stufen führen hinauf, vorbei an steinernen Mandarinen, Soldaten und Pferden, die den Eingang bewachen. Das Mausoleum selbst wirkt wie aus einer anderen Welt, eine Mischung aus vietnamesischer Tradition und europäischem Prunk. Überall glitzern Mosaike aus Porzellan und Glas, importiert aus Japan, China und sogar Frankreich.
Im Inneren ist es kühl und dämmrig. Die Wände sind mit kunstvollen Keramikbildern bedeckt, und die Farben leuchten im diffusen Licht. Es wirkt fast surreal, wie hier asiatische und westliche Elemente verschmelzen. Ein junger Guide erzählt mir, dass Khai Dinh für den Bau seines Grabes angeblich die Steuern drastisch erhöht hat, was ihn bei den Menschen sehr unbeliebt machte. Vielleicht spürt man deshalb einen gewissen Hauch von Dekadenz, der über dem Ort liegt und doch ist es gerade diese Extravaganz, die das Grab so besonders macht.




















Das Grab von Minh Mang – Harmonie von Mensch und Natur
Wieder zurück auf dem Motorrad, folge ich dem Parfümfluss, bis ich das Grab von Minh Mang erreiche. Schon die Anfahrt ist ein Erlebnis: Der Weg schlängelt sich durch dichten Wald, das Licht tanzt auf dem Wasser, und irgendwo ruft ein Eisvogel. Die Anlage selbst ist ein Meisterwerk an Symmetrie und Harmonie. Alles ist auf einer zentralen Achse angeordnet, von den kunstvollen Toren bis hin zum halbmondförmigen Neumondsee.
Ich lasse mich treiben, schlendere durch Ehrenhöfe mit steinernen Elefanten und Mandarinen, vorbei an Pavillons und über Brücken, die nur dem Kaiser vorbehalten waren. Ein älterer Gärtner winkt mir zu und erzählt, dass Minh Mang ein großer Bewunderer von Konfuzius war und das spürt man: Hier scheint alles einer höheren Ordnung zu folgen, eingebettet in die Natur. Es ist ruhig, fast meditativ, und ich bleibe lange am Ufer des Sees sitzen, beobachte Libellen und lasse die Geschichte auf mich wirken.




















Das Grab von Gia Long – Verlorene Pracht im Dschungel
Das Grab von Gia Long liegt etwas abseits, versteckt zwischen Hügeln und uralten Bäumen. Der Weg dorthin ist holprig, und ich muss mehrmals nach dem richtigen Pfad fragen. Schließlich stehe ich vor den Ruinen eines einst prächtigen Komplexes. Hier wurden nicht nur Gia Long, der Gründer der Nguyen Dynastie, sondern auch viele seiner Familienmitglieder beigesetzt.
Obwohl viele Gebäude heute verfallen sind, spürt man die einstige Größe besonders, wenn man auf dem Hügel steht und den Blick über die umliegenden Berge schweifen lässt. Ein paar Kinder aus dem nahegelegenen Dorf laufen vorbei, winken und kichern, als ich versuche, ein Foto mit meinem alten Handy zu machen. Sie zeigen mir einen kleinen, versteckten Pfad zu einer halb überwucherten Statue – ein stiller Zeuge vergangener Zeiten.




















Nightlife im He Army Pub – Von Kaisern zu Cocktails
Nach so viel Geschichte brauche ich einen Kontrast. Am Abend lande ich im He Army Pub, einer der skurrilsten Bars von Hue. Die Einrichtung ist eine Mischung aus Militärmuseum, Wohnzimmer und Künstlerkneipe. Alte Helme, Uniformen und jede Menge Kitsch hängen an den Wänden. Die Stimmung ist locker, die Musik mal Indie, mal Rock, und das Bier eiskalt.
Ich komme schnell ins Gespräch mit Einheimischen und anderen Reisenden. Ein junger Student erzählt mir, dass Hue längst nicht mehr nur für seine Kaisergräber bekannt ist, sondern auch für seine lebendige Barszene. Wir tauschen Geschichten aus, lachen über unsere holprigen Vietnamesischkenntnisse und stoßen auf einen Tag voller Eindrücke an.










Fazit: Zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Die Umgebung von Hue ist wie ein lebendiges Geschichtsbuch, voller Dramen, Schönheit und Geheimnisse. Jeder Kaiser hat hier seine Spuren hinterlassen, und doch erzählen die Gräber mehr als nur von Macht und Prunk. Sie erzählen von Sehnsucht, Verlust und dem Versuch, der Zeit ein Schnippchen zu schlagen. Und am Ende, wenn die Sonne hinter den Hügeln verschwindet und die Stadt zum Leben erwacht, fühlt sich alles ein bisschen leichter an. Hue, du hast mich verzaubert.
