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Vietnam

The Marbel Mountains

Manchmal fühlt sich ein Tag wie ein ganzes Kapitel im eigenen Leben an. Heute war so ein Tag. Antoni und ich, beide noch ein wenig verschlafen, aber voller Vorfreude, starteten unsere Motorräder und ließen das entspannte Hue hinter uns. Die Straße führte uns vorbei an Reisfeldern, kleinen Dörfern und immer wieder blitzte das Meer am Horizont auf. Unser Ziel: die legendären Marble Mountains bei Da Nang.

Ankunft und Aufstieg in den Marble Mountains

Schon von weitem wirkten die fünf Karsthügel wie aus einer anderen Welt. Zwischen all dem Trubel von Da Nang tauchten sie plötzlich auf, als hätte jemand riesige Marmorblöcke mitten in die Landschaft gestellt. Wir parkten unsere Maschinen in der Nähe des Ticketschalters von Hòn Thủy Sơn, dem größten der Berge.

Natürlich hätten wir den gläsernen Fahrstuhl nehmen können, aber Antoni grinste nur und meinte: „Wer schöne Aussichten will, muss schwitzen.“ Also hieß es: Treppen steigen. Die Stufen schlängelten sich durch üppiges Grün, vorbei an kleinen Verkaufsständen mit Räucherstäbchen und Marmorfiguren. Die Luft roch nach feuchtem Stein und Blüten. Schon der Aufstieg war ein Erlebnis für sich.

Tam Thai Pagoda – Ein Hauch von Geschichte

Nach 156 Stufen tauchte sie plötzlich auf: die Tam Thai Pagode. Fast 400 Jahre alt, stand sie wie ein Wächter über dem Berg. Die Geschichte dieses Ortes ist beeindruckend, 1630 erbaut, später zerstört und 1825 wieder aufgebaut, wurde sie unter der Nguyen-Dynastie zum Nationaltempel erklärt. Wir trafen eine ältere Frau, die Räucherstäbchen anbot und uns erzählte, dass sie schon als Kind mit ihrer Großmutter hierherkam. Es war einer dieser Momente, in denen Geschichte lebendig wird.

Tang Chon Cave – Schachspieler im Schatten

Weiter ging es zur Tang Chon Cave. Hier standen Marmorstatuen von Schachspielern und Mandarinen, als hätten sie mitten im Spiel innegehalten. Antoni, der eigentlich nie Schach spielt, setzte sich spontan neben eine Statue und tat so, als würde er seinen nächsten Zug überlegen. Die Höhle war kühl und bot eine willkommene Pause vom Aufstieg.

Chua Tur Tam – Pagode auf dem Weg zum Gipfel

Der Weg zum Gipfel führte uns an der Chua Tur Tam vorbei, einer weiteren Pagode, die sich fast im Dickicht versteckte. Hier war es ruhig, nur das Zwitschern der Vögel und das entfernte Murmeln von Gebeten. Ein junger Mönch winkte uns freundlich zu und schenkte uns einen Tee, der überraschend süß schmeckte.

Heavens Gate – Enge Passage, große Aussicht

Dann kam der Moment, auf den wir uns beide gefreut hatten: Heavens Gate. Die Passage war so schmal, dass wir uns seitwärts hindurchschieben mussten. Aber der Ausblick oben war jede Anstrengung wert. Von hier aus lag Da Nang wie eine Spielzeugstadt zu unseren Füßen, das Meer glitzerte in der Ferne und der Wind trug den Duft von Salz und Marmor heran.

Huyen Khong Cave – Lichtspiele und Legenden

Die Huyen Khong Cave ist ein Ort, der einen sprachlos macht. Durch die eingestürzte Decke fielen Sonnenstrahlen und tauchten die riesige Höhle in ein magisches Licht. In der Mitte thronte ein gewaltiger Steinbuddha, daneben zwei Schreine. Einer davon ist dem Gott und der Göttin der Heiratsvermittlung gewidmet, ein beliebter Ort für Paare und Singles, wie uns ein junges vietnamesisches Paar lachend erklärte. Die Höhle diente einst als geheime Basis und Lazarett für Revolutionäre, was der Atmosphäre eine ganz besondere Tiefe verleiht.

Dinh Thuong Thai – Rückzugsort im Grünen

Ein Stück weiter erreichten wir Dinh Thuong Thai, einen kleinen, fast versteckten Rückzugsort. Überall wuchsen Pflanzen, kleine Hütten luden zum Verweilen ein. Hier werden manchmal Meditationen angeboten, erzählte uns ein Mann, der gerade in einer Hängematte döste. Antoni meinte, er könne sich vorstellen, hier ein paar Tage zu bleiben und einfach nur zu entspannen.

Thien Coc – Tempel der Stille

Auch der kleine Tempel Thien Coc lag auf unserem Weg. Er war umgeben von einer fast greifbaren Ruhe. Ein paar Mönche saßen im Schatten und meditierten, während wir leise weitergingen, um die Stille nicht zu stören.

Am Phu Cave – Die dunkle Seite der Marmorberge

Jetzt wurde es spannend. Die Am Phu Cave ist die längste und mysteriöseste Höhle der Marble Mountains. Ihr Name allein jagt vielen einen Schauer über den Rücken. Hier werden die neun Ebenen der Hölle und Geschichten über den „Monat der Geister“ dargestellt. Schon der Eingang, die Yin-Yang-Brücke, wirkte wie das Tor in eine andere Welt.

Die Höhle war dunkel, verwinkelt und kühl. Die Legende erzählt, dass König Minh Mang einst Soldaten mit Fackeln hineinschickte, doch das Licht erlosch immer wieder wie von Geisterhand. Die Atmosphäre war wirklich unheimlich, aber auch faszinierend. Überall gab es Statuen und Reliefs, die von den Prüfungen im Jenseits erzählten.

Die 12 Gefängnistüren – Zwischen Dämonen und Gerechtigkeit

Der Eingang zu den 12 Gefängnistüren war so schmal, dass wir uns bücken mussten. Drinnen zeigten realistische Reliefs Szenen von Dämonen, die Schuldige bestrafen, und das Gleichgewicht der Gerechtigkeit. Alles wirkte, als hätte die Natur selbst diese Ecken und Winkel geschaffen. Antoni meinte später, das sei wie eine Mischung aus Indiana Jones und vietnamesischer Mythologie.

Doc Dung De Tron Truot – Zurück ins Licht

Am Ende führte uns der Weg „Doc Dung De Tron Truot“ wieder ins Licht. Nach all den dunklen Gängen und mystischen Geschichten war das Sonnenlicht fast blendend. Wir standen wieder draußen, schauten uns an und mussten lachen. Es war einer dieser Tage, an denen man spürt, wie lebendig das Reisen macht.

Fazit: Ein Tag, der bleibt

Die Marmorberge sind mehr als nur ein Stopp zwischen Hue und Hoi An. Sie sind ein Abenteuer voller Geschichte, Geheimnisse und Begegnungen. Antoni und ich waren uns einig: Diese Mischung aus Natur, Spiritualität und ein bisschen Gänsehaut macht Vietnam so besonders. Und morgen? Da wartet schon das nächste Kapitel auf uns.

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