Ein Roadtrip durch Nordvietnams Berge
Der Aufbruch ins Unbekannte
Noch vor Sonnenaufgang packe ich meine Sachen zusammen, schwinge mich auf mein Motorrad und lasse das verschlafene Hanoi hinter mir. Die Stadt liegt im Dämmerlicht, die Straßen sind ungewohnt leer, ein Überbleibsel der Pandemie, das Hanoi fast schon gespenstisch ruhig wirken lässt. Es fühlt sich an, als würde ich in eine andere Welt aufbrechen. 300 Kilometer liegen vor mir, und ich weiß, dass mich diese Strecke nicht nur geografisch, sondern auch emotional weit weg von der Großstadt bringen wird.

Die Magie der Berge – und der Regen
Je weiter ich mich von Hanoi entferne, desto mehr verändert sich die Landschaft. Aus dem flachen, urbanen Gewusel wird eine grüne, hügelige Weite. Die Straßen schlängeln sich durch Reisfelder, kleine Dörfer tauchen wie zufällig am Wegesrand auf. Es ist ruhig, fast meditativ, nur das Brummen meines Motors und das Zwitschern der Vögel begleiten mich.
Als ich die Berge erreiche, zieht plötzlich dichter Nebel auf, und dann setzt feiner Nieselregen ein. Die Sicht wird schlechter, die Straßen rutschig. Der Regen prasselt sanft auf meinen Helm, die Welt um mich herum verschwimmt im grauen Dunst. Trotzdem kann ich nicht anders, als immer wieder anzuhalten und die Landschaft aufzusaugen: steile Kalksteinfelsen, die sich aus dem Nebel schälen, sattgrüne Täler, in denen Wasserbüffel grasen, und kleine Flüsse, die sich wie silberne Bänder durch die Landschaft ziehen. Es ist eine raue, fast mystische Schönheit, die mich trotz des Wetters in ihren Bann zieht.
















Ankommen, Schrauben, Staunen
Völlig durchnässt, aber glücklich, erreiche ich schließlich Cao Bang. Die Stadt wirkt verschlafen, fast ein bisschen aus der Zeit gefallen. Nach dem Einchecken in meiner Unterkunft steht erst einmal ein Pflichttermin an: Mein Motorrad hat den Trip durch die Berge nicht ganz unbeschadet überstanden. Die Kupplung und die Bremsen sind am Limit, also ab in die nächste Werkstatt.
Die Mechaniker dort sind flink und freundlich, und während sie mein Bike wieder fit machen, frage ich mich, warum so eine Reparatur in Deutschland ein kleines Vermögen kostet. Hier zahle ich für neue Bremsen, Kupplung und einen Ölwechsel umgerechnet gerade mal 15 Euro. Das ist fast schon absurd günstig und lässt mich schmunzeln.
Danach schlendere ich noch kurz ins Zentrum und auf den Markt. Viel los ist nicht, die Pandemie hat auch hier ihre Spuren hinterlassen. Die wenigen Menschen, die unterwegs sind, wirken zurückhaltend, aber freundlich. Die Stände bieten alles von exotischen Früchten bis hin zu frischem Gemüse, und der Duft von Gewürzen liegt in der Luft. Für einen ausgedehnten Spaziergang fehlt mir aber die Kraft. Die 300 Kilometer in den Knochen, der Regen und die frische Bergluft fordern ihren Tribut.
Also gönne ich mir den Luxus, einfach mal nichts zu tun. Zurück in meinem Zimmer falle ich aufs Bett und lausche dem leisen Trommeln des Regens. Mein persönlicher Matratzenhorchdienst beginnt und ich weiß, morgen wartet ein neues Abenteuer.












