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Deutschland

Ein Tag in Dresden

Unerwartete Pause und ein Streifzug durch die Altstadt

Manchmal spielt das Leben einem ja wirklich in die Karten. Eigentlich sollte ich längst weiterziehen, aber weil der Computer noch nicht abgebaut war, hatte ich plötzlich einen Tag Zwangspause. Für mich ist das eher ein Geschenk als ein Ärgernis. So ein ungeplanter freier Tag gibt mir immer die perfekte Gelegenheit, die Gegend noch ein bisschen weiter zu erkunden.

Heute hat es mich also wieder in die Dresdner Altstadt verschlagen, genauer gesagt ins Albertinum. Das liegt am östlichen Ende der Brühlschen Terrasse, ein Ort, der schon beim ersten Anblick eine ganz eigene Atmosphäre ausstrahlt. Ursprünglich war das Albertinum mal ein Zeughaus, also ein Waffenlager, das im 19. Jahrhundert von Carl Adolph Canzler zu einem Museum umgebaut wurde. Seinen Namen verdankt es König Albert von Sachsen, der damals regierte.

Nach mehreren Umbauten, zuletzt mit einem modernen Depot und Werkstätten, beherbergt das Albertinum seit 2010 wieder die Skulpturensammlung und die Galerie Neue Meister. Ich habe mich einfach treiben lassen und Eindrücke aus den verschiedenen Stockwerken gesammelt. Schon beim Betreten spürt man: Hier trifft Geschichte auf Moderne, und das auf ziemlich spannende Weise.

Albertinum Erdgeschoss – Zwischen Geschichte und Gegenwart

Im Erdgeschoss empfängt einen gleich diese riesige Halle mit den toskanischen Säulen. Hier spürt man noch den Geist des alten Zeughauses. Die Skulpturensammlung reicht von der Antike bis in die Gegenwart. Besonders beeindruckend fand ich die Werke von Auguste Rodin, die gleich zu Beginn gezeigt werden. Seine Skulpturen wirken fast lebendig, als würde jeden Moment eine Bewegung durch den Raum gehen.

Zwischendurch gibt es immer wieder überraschende Begegnungen mit zeitgenössischer Kunst. Es ist schon faszinierend, wie hier Skulpturen aus der DDR-Zeit neben antiken Stücken stehen. Manchmal fühlt es sich an, als würden die Werke miteinander ins Gespräch kommen – Vergangenheit trifft auf Gegenwart, und ich mittendrin.

Albertinum 1. Obergeschoss / Teil 1 – Die Galerie Neue Meister

Im ersten Obergeschoss beginnt die Reise durch die Galerie Neue Meister. Hier hängen die großen Namen: Caspar David Friedrich, der mit seinen romantischen Landschaften einen förmlich in die Weite zieht. Seine Bilder sind wie Fenster in eine andere Welt, voller Sehnsucht und Stille. Daneben Werke von Carl Gustav Carus und Johan Christian Dahl – auch sie Meister der Romantik, aber jeder mit seiner eigenen Handschrift.

Zwischen den Gemälden tauchen immer wieder Skulpturen auf, die den Dialog zwischen den Künsten noch verstärken. Es ist, als würde man durch eine lebendige Kunstgeschichte spazieren, in der sich Malerei und Plastik gegenseitig ergänzen.

Albertinum 1. Obergeschoss / Teil 2 – Impressionismus und Moderne

Je weiter man geht, desto moderner wird es. Hier hängen Werke von Monet, Degas, Liebermann und Slevogt – Impressionisten, die mit Licht und Farbe spielen, als gäbe es keine Grenzen. Besonders spannend fand ich die Räume, die einzelnen Künstlern wie Sigmar Polke oder Georg Baselitz gewidmet sind. Die Atmosphäre wechselt von Raum zu Raum, mal ruhig und nachdenklich, mal wild und aufwühlend.

Ganz am Ende des Rundgangs stehen zwei Säle mit Werken von Gerhard Richter, die er selbst eingerichtet hat. Hier wird es richtig experimentell – Installationen mit Klang und Video, die einen komplett in ihren Bann ziehen.

Albertinum 2. Obergeschoss / Teil 1 – Die Skulpturensammlung

Im zweiten Obergeschoss setzt sich die Skulpturensammlung fort. Hier reicht die Bandbreite von antiken Statuen bis zu Werken der klassischen Moderne. Besonders beeindruckend sind die Stücke aus der Zeit des Fin de Siècle, die im sogenannten Klingersaal präsentiert werden. Die Mischung aus Malerei und Skulptur macht den Raum zu einem echten Erlebnis.

Ich habe mich dabei ertappt, wie ich minutenlang vor einer Skulptur von Max Klinger stand und einfach nur gestaunt habe, wie viel Ausdruck in einem Stück Marmor stecken kann.

Albertinum 2. Obergeschoss / Teil 2 – Moral und Mythos

Ein weiterer Bereich widmet sich dem Thema Moral, mit Skulpturen aus der Zeit des Klassizismus. Besonders die Werke von Ernst Rietschel haben es mir angetan – sie strahlen eine Ruhe und Würde aus, die einen fast ehrfürchtig werden lässt. Hier wird deutlich, wie sehr Kunst auch immer ein Spiegel der Gesellschaft ist.

Albertinum 2. Obergeschoss / Teil 3 – Sonderausstellung

Abschließend führt der Rundgang zu wechselnden Sonderausstellungen, die aktuelle Themen oder einzelne Künstler in den Fokus rücken. Die Vielfalt und Qualität der gezeigten Werke machen das Albertinum zu einem der führenden Museen für moderne und zeitgenössische Kunst in Deutschland

Von der Kunst zur Frauenkirche – Dresdens Herzstück

Nach so viel Kunst musste ich erst mal an die frische Luft. Mein Weg führte mich weiter zur Frauenkirche, dem vielleicht berühmtesten Bauwerk Dresdens. Die barocke Kirche wurde zwischen 1726 und 1743 erbaut und galt schon damals als Meisterwerk. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie durch den Feuersturm so stark beschädigt, dass sie 1945 zusammenbrach.

Fast 50 Jahre lang blieb die Ruine als Mahnmal stehen, bis 1993 der Wiederaufbau begann – finanziert durch Spenden aus aller Welt. 2005 war die Kirche wieder vollendet und strahlt seitdem als Symbol für Versöhnung und Neubeginn.

Die Frauenkirche von innen – Licht, Weite und Handwerkskunst

Schon beim Betreten der Frauenkirche wird einem klar, warum sie so viele Menschen beeindruckt. Der Innenraum ist hell, freundlich und wirkt trotz seiner Größe irgendwie einladend. Bis zu 4000 Sitzplätze gab es hier früher – das zeigt, wie monumental dieser Bau ist.

Besonders faszinierend finde ich die geschwungenen Emporen, die sich fast um das ganze Kirchenschiff ziehen. Die Kanzel ragt wie ein Schiffsbug mitten in den Raum, sodass jeder im Publikum einen guten Blick auf das Geschehen hat. Und der Altar – ein echtes Kunstwerk, das zu 80 Prozent aus originalen Teilen besteht. Hier wird Geschichte lebendig.

Die Unterkirche – Stille, Licht und ein besonderer Altar

Ein ganz besonderer Ort ist die Unterkirche, die Krypta. Hier, wo früher 244 Tote auf ihre Auferstehung warteten, empfängt einen heute ein sanft gedämpftes Licht. Barockbaumeister George Bähr hat die Krypta in Form eines griechischen Kreuzes angelegt, mit diagonal eingefügten Grabgewölben.

Im Zentrum steht heute ein monumentaler Altar aus irischem Kalksandstein, der nur an der Oberfläche auf Hochglanz poliert ist. Der Raum strahlt eine Ruhe aus, die fast magisch wirkt. Hier unten spürt man die Geschichte der Stadt und der Menschen, die sie geprägt haben, besonders intensiv.

Aufstieg auf den Turm

Natürlich durfte der Aufstieg auf den Turm der Frauenkirche nicht fehlen. Der Weg nach oben ist zwar anstrengend, aber der Ausblick über die Dächer der Dresdner Altstadt entschädigt für jede Mühe. Von hier oben lassen sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt auf einen Blick erfassen.

Die Kunsthofpassage

Mein Spaziergang führte mich weiter in die Kunsthofpassage in der Neustadt. Dieses Ensemble aus fünf thematisch gestalteten Höfen, Hof der Elemente, Hof des Lichts, Hof der Tiere, Hof der Fabelwesen und Hof der Metamorphosen, ist ein Paradebeispiel für kreative Stadtentwicklung. Jeder Hof ist ein eigenes Kunstwerk, gestaltet von verschiedenen Künstlern, mit originellen Fassaden, Installationen und liebevollen Details. Besonders der Hof der Elemente mit seinen musikalischen Regenrinnen ist ein Highlight für Besucher jeden Alters.

Die drei Elbschlösser – Schloss Albrechtsberg

Von Elbufer in der Stadt hatte ich drei Schlösser auf der gegenüberliegenden Seite entdeckt und macht mich dann dorthin auf um mir diese anzuschauen. Zuerst kam ich an das Schloss Albrechtsberg, gelegentlich auch Albrechtsschloss genannt. Es wurde zwischen 1850 und 1854 von Adolf Lohse erbaut für Prinz Albrecht von Preußen, den jüngsten Bruder der preußischen Könige Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I.. Der spätklassizistische Bau in der Tradition Karl Friedrich Schinkels ist das repräsentativste der drei Elbschlösser.
1925 wurde es von den Grafen von Hohenau, den Nachkommen und Erben des Prinzen Albrecht aus dessen zweiter Ehe, an die Stadt Dresden verkauft. Die Zerstörungen Dresdens 1945 betrafen das Schloss nicht. Nach zwischenzeitlicher Nutzung durch die SMAD-Verwaltung in Dresden sowie als Hotel wurde es bis 1990 Pionierpalast. Seit 1990 wieder an die Stadt Dresden rückübertragen dient es heute vorwiegend kulturell-künstlerischer Nutzung.

Lingnerschloss (Villa Stockhausen)

Als nächstes kam ich dann zum Lingnerschloss, welches eigentlich Villa Stockhausen heißt. Es liegt zentral im ehemaligen Weltkulturerbes „Dresdner Elbtal“ (2004–2009)und die Terrasse bietet einen imposanten Ausblick auf einen großen Teil des Areals und es wurde als Sitz des Welterbezentrums ausgewählt. Die Bezeichnung „Lingnerschloss“ ist heute gebräuchlicher als der ursprüngliche Name „Villa Stockhausen“.
Die Villa wurde von 1850 bis 1853 im Auftrag des Prinzen Albrecht von Preußen im Zusammenhang von dessen zweiter Eheschließung mit Rosalie Gräfin von Hohenau geborene von Rauch auf einem der Weinbergsgrundstücke erbaut, die zuvor seit 1803 im Besitz des schottischen Adligen James Ogilvy, 7. Earl of Findlater gewesen waren. Sie war als Wohnsitz für Baron Albert von Stockhausen bestimmt, den Kammerherrn des Prinzen. Bis zur Fertigstellung seines eigenen Anwesens, des benachbarten Schlosses Albrechtsberg, wohnte der Prinz selbst in dem Gebäude.

Schloss Eckberg

Das dritte Schloss, Schloss Eckberg befindet sich am rechten Elbhang in Dresden und entstand von 1859 bis 1861 im Auftrag des Großkaufmanns Johann Daniel Souchay, so dass es damals im Volksmund Villa Souchay genannt wurde. Im Jahr 1883 erwarb Generalkonsul Bruno Wunderlich das Anwesen. Nach dessen Tod 1909 siedelte seine Witwe in das benachbarte ehemalige Weingut Dinglinger über. Sie vermietete das Schloss an den aus Österreich stammenden Süßwaren-Exportkaufmann Josef Weiser, dessen Frau Grethe Weiser später als Schauspielerin Berühmtheit erlangte. Um 1920 verpachtete Frau Wunderlich den Wohnsitz an den Sänger Tino Pattiera, der dort mit seiner Frau, einer gebürtigen Gräfin von Schaffgotsch, residierte.
Als 1925 der Unternehmer Ottomar Heinsius von Mayenburg Schloss Eckberg kaufte, kam neues Leben in Schloss und Park. Die Innenräume des Obergeschosses wurden nach den Plänen seines Bruders, des Architekten Georg Heinsius von Mayenburg, zeitgemäß erneuert, wobei der Stilcharakter des unteren Bereichs vollständig bewahrt blieb. Mit der Erfindung von Zahncreme und Aluminiumtube unter dem Namen „Chlorodont“ und der Gründung der „Leo-Werke“ hatte von Mayenburg großen Wohlstand erworben und konnte sich seinen Lebenstraum erfüllen.
Als studierter Botaniker und leidenschaftlicher Gärtner widmete er sich vor allem der Umgestaltung des Parks. Steingarten, Tulpen- und Krokuswiesen sind seine Schöpfung. Besonders große Anerkennung in der Stadt Dresden erwarb sich der Besitzer des Schlosses, weil er diese Blumenpracht im Frühjahr und die Rosenblüte jedes Jahr der Öffentlichkeit zugänglich machte. Zehntausende bewunderten das Blumenmeer dieser herrlichen Anlage Jahr für Jahr. 1932 starb von Mayenburg, seine Witwe bewohnte das Haus noch bis 1947.
Nach der Enteignung der Familie im Jahr 1952 wurde Schloss Eckberg als Studentenwohnheim, Gewerkschaftsschule und zur Fabrikation von Elektronikteilen genutzt. Nach einer Sanierung 1980–1985 betrieb der Jugendtourist-Reiseverband der DDR das Schloss Eckberg als Hotel.
Nach der Wende ging es zurück in den Besitz der Familie von Mayenburg, die es aber verkaufte, so dass das Anwesen 1994 in den Besitz der ARGENTA-Unternehmensgruppe überging. Man ließ die Schlossanlage und den Park 1997 von Grund auf renovieren und nach Plänen des italienischen Innenarchitekten Danilo Silvestrin zum Luxushotel ausbauen. Rund 35.000 Gäste besuchten das Hotel pro Jahr. Die Parkanlagen mit ihren Blumenwiesen sind legendär und waren schon zu DDR-Zeiten ein beliebtes Ausflugsziel.

Brühlsche Terrasse – Das Balkon Europas

Am Abend zog es mich noch einmal an die Brühlsche Terrasse, das sogenannte „Balkon Europas“. Das architektonische Ensemble erstreckt sich rund 500 Meter entlang der Elbe und entstand im 16. Jahrhundert als Teil der Stadtbefestigung. Heute ist die Brühlsche Terrasse ein beliebter Treffpunkt und bietet einen herrlichen Blick auf die Elbe und die Altstadt. Hier spürt man das historische Flair Dresdens besonders intensiv.

Rückkehr ins Hotel

Nach einem langen, erlebnisreichen Tag ging es zurück ins Hotel – voller Eindrücke und Vorfreude darauf, am nächsten Morgen endlich den Computer abzuholen.

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