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Sri Lanka

Letzter Tag und Abend in Negombo

Der letzte Tag einer Reise fühlt sich immer ein bisschen an wie der letzte Bissen eines köstlichen Desserts – bittersüß, intensiv und voller Erinnerungen. Mein Abschied von Sri Lanka sollte alles andere als gewöhnlich werden: ein Schloss voller Geschichten, eine Werkstatt, die mehr Museum als Garage ist, ein Abend unter Luxuskarossen und schließlich ein stiller Abschied in einer der vielen Kirchen von Negombo. Komm mit auf meinen letzten Tag – zwischen kolonialer Pracht, ölverschmierten Händen und dem Glanz moderner Eleganz.

Ein Schloss, das aus Trotz gebaut wurde

Schon am frühen Morgen zog es mich raus aus Negombo, hinein ins satte Grün Richtung Kalutara. Mein Ziel: das legendäre Richmond Castle. Schon von weitem thront das Herrenhaus auf einem Hügel, als wolle es die Zeit überblicken. Die Geschichte hinter dem Bau ist fast zu gut, um wahr zu sein: Mudaliyar Don Arthur de Silva Wijesinghe Siriwardena, ein Mann mit britischer Ausbildung und noch größerem Ehrgeiz, ließ sich von einem indischen Maharaja provozieren. „So ein Schloss? Das könnt ihr Ceylonesen nie bauen!“, hatte der Raja behauptet. Siriwardena nahm die Herausforderung an – und brachte zwei lokale Architekten mit, die heimlich die Baupläne zeichneten. Was folgte, war ein Triumph aus italienischen Fliesen, burmesischem Teakholz, schottischem Glas und englischen Badewannen.

Das Schloss selbst: sechzehn Räume, 99 Türen, 34 Fenster. Die Luft im Festsaal ist angenehm kühl – ein ausgeklügeltes Belüftungssystem leitet den Wind des Kalu River durch unterirdische Gänge ins Haus. Ich stelle mir vor, wie die Gäste damals unter den riesigen Teakholzsäulen tanzten, während draußen der Dschungel rauschte.

Nach seiner Hochzeit mit Clarice Matilda Maude Suriyabandara zog Siriwardena 1910 ins Schloss. Die beiden blieben kinderlos, und so vermachte er Richmond Castle nach seinem Tod dem Staat – mit der Auflage, daraus ein Kinderheim zu machen. Heute kümmert sich der Public Trustee um das Anwesen. Beim Rundgang spüre ich, wie viel Stolz, Trotz und Großzügigkeit in diesen Mauern stecken. Ein Schloss, das aus einer Kränkung geboren wurde – und heute ein Ort für Kinder ist. Irgendwie poetisch.

Zwischen Schraubenschlüsseln und Alltagskunst

Auf dem Rückweg nach Negombo entdecke ich eine Werkstatt, die mich sofort in ihren Bann zieht. Hier wird wirklich alles repariert, was Räder hat: knatternde Tuk-Tuks, klapprige Mopeds, uralte Lastwagen und sogar ein Fahrrad, das aussieht, als hätte es schon den Unabhängigkeitstag erlebt. Während bei uns so eine Sammlung wohl eher ins Museum gehört, ist hier alles quicklebendig – und vor allem: in Gebrauch.

Die Mechaniker wirken wie Künstler, die mit ölverschmierten Händen kleine Wunder vollbringen. In Sri Lanka ist Improvisation gefragt: Ersatzteile werden notfalls selbst gebaut, und mit einem Augenzwinkern erklärt mir einer der Männer, dass „nichts unmöglich“ sei. Ich muss lachen. Hier lebt die Leidenschaft für Technik, gepaart mit einer Portion Erfindergeist. Es ist diese Mischung aus Improvisation und Know-how, die Sri Lankas Straßen am Laufen hält – und mir zeigt, dass Perfektion manchmal einfach nur bedeutet, dass etwas funktioniert.

Bayfonte – Wo Luxus auf Geschmack trifft (oder auch nicht)

Am Abend zieht es mich ins Bayfonte, ein Ort, der sich als Synonym für Luxus und modernen Lifestyle versteht. Schon beim Betreten fällt mir auf: Hier parken Fahrzeuge, die mehr kosten als ein kleines Haus. Der Besitzer scheint ein Faible für alles zu haben, was glänzt und laut ist – Geschmack ist eben, wie man so schön sagt, Ansichtssache.

Das Bayfonte selbst ist Teil der Avenra-Hotelkette, die in Negombo, Hikkaduwa und Wennapuwa mit innovativen Konzepten aufwartet. Das Restaurant verspricht „den feinsten Lifestyle der nächsten Generation“, moderne Architektur und eine Küche, die indische und chinesische Traditionen hochhält. In den privaten Speiselounges kann man angeblich „den wahren Geschmack“ erleben – und gleichzeitig in luxuriöser Privatsphäre feiern.

Ich beobachte das bunte Treiben und frage mich, ob hier wirklich mehr gefeiert oder einfach nur gesehen werden will. Die Atmosphäre ist mondän, aber nicht steif. Wer Lust auf ein bisschen Glanz und Gloria hat, ist hier genau richtig. Und auch wenn ich mich über die Autos amüsiere, genieße ich die Mischung aus internationalem Flair und srilankischer Gastfreundschaft.

Ein stiller Moment in der Our Lady of Guadalupe Church

Bevor ich mich endgültig verabschiede, zieht es mich noch zu einer der vielen Kirchen von Negombo: der Our Lady of Guadalupe Church. Sie ist eine von über 750 katholischen Kirchen in Sri Lanka und steht sinnbildlich für die starke christliche Prägung der Region. Negombo wird nicht umsonst „Little Rome“ genannt – die Kirchen sind hier mehr als nur Gebäude, sie sind Treffpunkte, Ruhepole und Orte des Glaubens.

Die Kirche selbst ist schlicht, aber voller Leben. Ich setze mich in eine der hinteren Bänke, lasse die letzten Tage Revue passieren und spüre, wie sich langsam Abschiedsstimmung breitmacht. Es ist dieser Moment der Stille, der einer Reise ihren Abschluss gibt – bevor der Alltag wieder beginnt.

Abschied und Aufbruch

Nach einem letzten Spaziergang durch die laue Nacht kehre ich zurück in meine Unterkunft. Die Koffer sind gepackt, der Wecker ist gestellt. Am nächsten Morgen sitze ich schon im Flieger nach Bangkok – mit einem Kopf voller Erinnerungen, einem Herzen voller Dankbarkeit und dem festen Vorsatz: Sri Lanka, wir sehen uns wieder.

Epilog:
So endet mein letzter Tag in Negombo – zwischen kolonialer Geschichte, ölverschmierten Händen, Luxus und Spiritualität. Es ist diese Mischung aus Gegensätzen, die Sri Lanka so besonders macht. Und während das Flugzeug abhebt, weiß ich: Jede Reise ist nur der Anfang der nächsten.

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